Donnerstag, 21. Januar 2010

Budgettransparenz als Beitrag zur (good) Local Governance


(c) 2009 Armin König


1. Einführung
99 Prozent der Bürger haben noch nie Einblick in einen kommunalen Haushaltsplan genommen. Demnach geht das Interesse der Bürger an ausgelegten Haushaltsplänen samt Satzung und Vorbericht gegen Null. Lediglich die Gemeinderats- und Ortsrats¬mitglieder können als regelmäßige Haushalts-Leser betrachtet werden, dazu ein Teil der kommunalen Beschäftigten. Gunnar Schwarting hat darauf hingewiesen, dass die bestehenden Instrumente zur Haushaltstransparenz bisher „nicht ernsthaft genutzt“ werden. Dabei müsste das Interesse der Bürger an den Finanzen ihrer Stadt oder Ge¬meinde eigentlich groß sein.
Es gibt kaum einen Bereich der lokalen Politik, der nicht finanz¬abhängig ist. Den Bür¬gern wird dies vor allem dann bewusst, wenn kommunale Leistungen eingeschränkt werden oder aus Gründen der Haushaltskonsolidierung ganz wegfallen. „Die kom¬munale Haushaltswirtschaft gewinnt gerade unter den ge¬genwärtigen gesamtwirt¬schaftlichen Konstellationen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig verdichten sich die Ansprüche einer ‚informierten Gesellschaft’ bzw. des ‚mündigen Bürgers’, dem Grundsatz der Budgetpublizität im überschaubaren Be¬reich seiner Gemeinde mehr Wirkungskraft zu verleihen.“ Knapp zwei Jahrzehnte ist es her, dass Kurt Reding dies geschrieben hat.
Die Bürger sind mündiger und selbstbewusster, die Informationsgesellschaft ist Rea¬lität geworden, doch eine umfassende Budgetpublizität und -transparenz ist ebenso ausgeblieben wie das bürgerliche Interesse daran.
In dieser Arbeit soll kursorisch dargelegt werden, dass Budgettransparenz nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig ist für gutes Regieren, dass sie sich auf das Demo¬kratie- und das Rechtsstaatsprinzip sowie die Informationsfreiheit gründet und damit tendenziell einer auf Geheimhaltung bedachten Arkantradition der Ver¬waltung entgegensteht. Nach der Beschreibung für gute „local Governance“ wird dargestellt, in welchem Umfang Budget-Transparenz bereits gegeben und wie sie im Interesse guten Regierens ausgeweitet und verbessert werden kann.

2. Der Begriffe der (Good) Governance – überregional und lokal
Der Begriff Governance stammt aus der angelsächsischen Institutionenökonomie und wurde von der Politikwissenschaft und der Soziologie übernommen. In der deutschen politikwissenschaftlichen Literatur bezeichnet Governance „Regieren in komplexen Regelsystemen“ .
„Im Kern richtet sich das Interesse der Governance-Debatte auf die Art und Weise, wie kollektives Handeln in der Politik, der Gesellschaft oder auch der Ökonomie koordiniert wird und wie leistungsfähig unterschiedliche Formen institutioneller Arrangements diesbezüglich sind.“
Good Governance als Präzisierung von Governance ist ein Begriff aus der Entwicklungspolitik, der die Einhaltung wirksamer Regierungsstandards für eine nachhaltige und gerechte Politik zum Inhalt hat, die „allen Schichten des Volkes in angemessener Weise zugute kommt“ . Eine praktikable Definition von Good Governance enthält das Cotonou-Abkommen zwischen der EU und den AKP Staaten :
„In einem politischen und institutionellen Umfeld, in dem die Menschenrechte, die demokratischen Grundsätze und das Rechtsstaatsprinzip geachtet werden, ist verantwortungsvolle Staatsführung die transparente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung. Sie beinhaltet klare Beschlussverfahren für Behörden, transparente und verantwortungsvolle Institutionen, den Vorrang des Gesetzes bei der Verwaltung und Verteilung der Ressourcen und Qualifizierung zur Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen insbesondere zur Verhinderung und Bekämpfung der Korruption.“ (Cotonou-Abkommen, Art. 9, Abs. 3)
Begriff und Bedeutung der Good Governance lassen sich auch auf die bundesstaatliche und regionale Ebene in Europa übertragen. Im Sinne des politischen Inter-Agierens staatlicher und nicht-staatlicher Akteure ist sie zwingend auf Partizipation und Information angewiesen. Die Verständigung über gemeinsame Interessen erfolgt durch Mediations- oder Verhandlungsformen, deren Ziel gemeinsam getragene Kompromisse oder Tauschgeschäfte sind. Governance-Arrangements sind in der Regel mit einem Abbau der Einflussnahme klassischer Politik und Verwaltung verbunden. Der Staat verzichtet auf die gewohnte dominante Rolle. Stattdessen übernimmt er in der Regel das Interdependenzmanagement. Das heißt: Die öffentliche Hand bzw. die Verwaltung organisiert und koordiniert politische Willensbildung und Entscheidungsfindung der regionalen Mitspieler, majorisiert sie aber nicht.
Local (Good) Governance bezeichnet die Interaktion, Selbststeuerung und Koordination staatlicher und nicht-staatlicher Akteure im Sinne eines gemeinsamen, kommunikativen, konsensorientierten Handelns auf lokaler Ebene. Öffentliche Hand, Politik, Wirtschaft, Verbände und Bürger agieren in einem netzwerkartigen Verbund untereinander, um gesellschaftliche Ziele im Interesse des Gemeinwesens zu erreichen, aber auch um eigene Interessen in die Diskussion einzubringen. Ein repräsentativer Teils der Bürger soll an Anhörungen, Planungsprozessen und (in der Regel quartiersbezogenen) Entscheidungen beteiligt werden . Ihr Ziel ist „gemeinsame Verantwortung für Demokratie und Lebensqualität“ am Ort.
Nach herrschender Meinung verspricht Local Governance durch nachhaltige Partizipation vieler interessierter Bürger mehr Zustimmung für die Demokratie und ihre Organisationsformen sowie gegenseitige Anerkennung.
Wichtigste Indikatoren einer Good Local Governance sind regelgerichtetes, verantwortliches und verantwortbares Handeln, gleichberechtigte Teilhabe aller sozialen Schichten im Sinne unmittelbarer Partizipation, Geschlechtergerechtigkeit, offene Diskussion über Chancen und Probleme, Raum für kreative Lösungen, die von den Vorschlägen der „offiziellen“ Politik und Administration abweichen, eine effektive und responsive Politik und Verwaltung, partnerschaftliche Zusammenarbeit in dialogischen Prozessen, abgestimmte Beteiligungs- und Entscheidungsverfahren zwischen Politik und Verwaltung sowie Ziele und Visionen, die über Ad-hoc-Handlungen zur Lösungen kurzfristig anstehender Probleme hinausgehen .
Local Governance erfordert Transparenz , gegenseitige Akzeptanz und Verhandlungen auf Augenhöhe. Die Akteure haben das Recht, auszusteigen. Wirkungsanalysen sollen die Effektivität der Steuerung und ihrer Regeln überprüfen. Das zeigt: Partizipation, Transparenz und Kommunikation sind Grundlage regionaler, urbaner oder lokaler Governance-Arrangements.

3. Transparenz im demokratischen Rechtsstaat

Transparenz gehört zu den ältesten und wichtigsten Geboten der Demokratie. Sie stützt sich auf das Demokratie¬prinzip (Art. 20, Abs. 2 GG) und das Rechtsstaatsprin¬zip (Art. 20, Abs. 3 GG), zwei zentrale Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes.
Dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Art. 20, Abs. 2 GG), ist ein „Fundamental¬satz demokratischer Ordnung und Ausdruck des Prinzips der Volkssouveränität“ . Wenn aber alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, „wenn also die in der Demokratie des Grundgesetzes einzig originär legitimierte Herrschaft, die des Volkes ist, dann bedarf diese Herrschaft wie jede andere um ihrer Selbstbehauptung willen eines Maximums an Information“ . Nur dann ist ein „freier und offener Kommunikations- und Meinungsbildungsprozeß“ möglich, der nicht nur in Wahlen, sondern auch in politische Entscheidungen mündet.
Es handelt sich dabei um ein „vielseitiges und komplexes Wechselspiel zwischen Wählern und Gewählten, Bürgern und staatlichen Instanzen mit entsprechenden Rückkopplungseffekten“ . Mehrheiten können sich in diesem ständigen Prozess ebenso ändern wie politische Prioritäten. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb in seiner ständigen Rechtssprechung auf die wesentliche Bedeutung einer freien Meinungs- und Willens¬bildung hingewiesen.
Mit dem Demokratieprinzip eng verbunden ist die Informationsfreiheit. Freie politi¬sche Willensbildung setzt Information, offene und öffentliche Kommunikation vor¬aus. Ohne Information keine Kommunikation, ohne Kommunikation keine Willens- und Meinungsbildung, ohne freie Willens- und Meinungsbildung keine Demokratie.
Informationsfreiheit ist also konstitutiv für eine Demokratie, wie das Bundesverfas¬sungsgericht in seiner ständigen Rechtssprechung normiert hat. Jeder Bürger hat das Recht, sich „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“ (Art. 5 Abs. 1 GG). Dazu müssen die Quellen prinzipiell zugänglich sein. Bisher wa¬ren sie in wesentlichen Bereichen aber grundsätzlich nicht zugänglich.
Noch immer pflegt der „geheime Staat“ seine Arkantradition , lassen sich Regierungen und klassische Verwaltungen ungern in die Karten und die Bücher schauen. „Die Verwaltung verteidigt zäh ihren Anspruch, das Gemeinwohl ohne störende Einwirkung des Vol¬kes zu konkretisieren“ , kritisiert Hans Peter Bull. Die „Regelgeheimhaltung im Verwaltungsrecht“ , die durch ständige Rechtssprechung der Verwaltungsgerichte gestützt wurde, bestärkt die Regierenden seit jeher in ihrer Praxis, nur die Informationen herauszugeben, die sie für angemessen halten.
Dem widerspricht Wegener: „Wenn Wissen Souveränität begründet, dann muss das Wis¬sen Angelegenheiten des staatlichen Gemeinwesens in der Demokratie ein nach Möglichkeit allgemeines sein. So wie die von „besonderen Staatsorganen“ ausgeübte Macht eine bloß abgeleitete ist, so ist auch das von diesen Organen generierte und verwaltete Herrschaftswissen eines, daß [sic!] prinzipiell dem Volk und damit der Öffentlichkeit zusteht“. Auch Jürgen Habermas hat darauf Bezug genommen. „Die bürgerliche Öffentlichkeit steht und fällt mit dem Prinzip des allgemeinen Zugangs“ , schreibt er in seinem Klassiker „Strukturwandel der Öffentlich¬keit“.
„Die Forderung nach Transparenz speist sich nicht nur aus dem Demokratieprinzip, sondern aus einem damit eng verbunden, weiteren Fundamentalgrundsatz der deut¬schen Verfassung: dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 3, Art 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Transparenz, das heißt Durchsichtigkeit des Staatshandelns, Erkennbarkeit des Staatswillens, Bestimmtheit der staatlichen Gebote und Verbote, das sind Grundbe¬dingungen für den Rechtssaat, der ein rationaler Staat sein will.“
Damit sind die wesentlichen Begründungen für Transparenz im demokratischen Rechtsstaat gegeben: Dass das Volk, wenn es seine Staatsgewalt ausüben will, zwin¬gend auf Information und Kommunikation angewiesen ist, dass die Informationen verständlich sind und das Handeln des Staates durchschaubar machen, dass Informationen rechtzeitig und vollständig erfolgen, bevor Fakten geschaffen sind, dass es kein Herrschafts¬wissen nur für Verwaltungen geben darf, weil der Souverän das Volk und nicht die Exekutive ist, dass ohne Information keine Kommunikation, ohne Kommunikation keine Willens- und Meinungsbildung, ohne freie Willens- und Meinungsbildung kei¬ne Demokratie möglich ist.

4. Das Transparenzgebot in der Europäischen Union
Deutschland hat sich lange schwer getan mit der Transparenz von Regierungen und Verwaltungen. Es war die Europäische Gemeinschaft, die in dieser Frage Schrittma¬cherdienste geleistet und die Deutschland zu mehr Transparenz gedrängt hat. Ent¬scheidend dafür waren die Aarhus-Konvention und die EG-Umweltinformations¬richtlinie vom 7. Juni 1990. Vor allem die Umweltinformationsrichtlinie hat einen Pa¬radigmenwechsel eingeleitet. Dem kann sich auch die Verwaltung in Deutschland nicht länger entziehen. Mit der Umsetzung dieser Richtlinie über Umweltinformationen in deutsches Recht im Umweltinformationsgesetz (UIG) wurde „das Prinzip der Öffent¬lichkeit dieser Informationen in das deutsche Recht eingefügt“ . Das hat erhebliche Konsequenzen für den bisher in Deutschland praktizierten Grundsatz der Vertrau¬lichkeit des Verwaltungshandelns. „Das bislang geltende Regel-Ausnahme-Verhältnis von Geheimhaltung und Öffent¬lichkeit wird umge¬kehrt“ . Damit wurde das Umweltrecht zur Speerspitze „einer Entwicklung hin zur allgemeinen Informationsfreiheit und eines allgemeinen Prin¬zips größtmöglicher Verwaltungstransparenz“ . Denn es blieb nicht beim Umweltrecht.
Unmittelbar daran schloss sich eine gesellschaftspolitische Debatte über generelle Informationsfreiheit an, die in Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und mehrerer Länder mündete. Die Exekutive muss nunmehr den Forderungen nach Transparenz nachkommen. Dies ist ein Essential der EU-Politik, das in deutsches Recht umgesetzt wurde: Das Transparenzprinzip soll maßgeblich dazu beitragen, dass „Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden“. So formuliert es Erwägungssatz 1 der Informationszugangs-Verordnung der EG .
„Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungspro¬zess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System. Transparenz trägt zur Stärkung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Grundrech¬te bei, in Artikel 6 des EU-Vertrags und in der Charta der Grundrechte der Europäi¬schen Union verankert sind“. (EU 10049/2001, Erwägungssatz 2)
Transparenz ist damit ein wesentlicher Bestandteil der von der Europäischen Gemein¬schaften propagierten Good Governance.

5. Demokratie und Transparenz auf lokaler Ebene
„Alle Politik ist lokal“, schreibt Jörg Bogumil . Für die Bürgerinnen und Bürger ist es die Ebene, die sie direkt begreifen und erleben. Lokal konkretisiert sich, was auf höherer Ebene beschlossen wurde, vor allem dort, wo Geld im Spiel ist.
Fast alle Bereiche lokaler Politik sind finanzabhängig. Das haben die Bürger in den letzten Jahren intensiv erfahren. Kürzungen öffentlicher Angebote, die Schlie¬ßung von Bädern, die Zusammenlegung von Schulen – all dies ist mit der Einschrän¬kung der finanziellen Leistungsfähigkeit begründet worden. Ob diese noch gegeben ist, wo investiert werden soll und wo nicht, wie viel die Bildung einer Gemeinde wert ist, welchen Stellenwert Sport und Kultur haben, wie hoch der Personalaufwand einer Kommune ist, all dies lässt sich im Haushalt ablesen. Es geht dabei um viel Geld und seine Verteilung, um finanzwirtschaftliche Prioritä¬ten in einer Kommune, um Ressourcen und Projekte, Prioritäten und Programme.
„Der Haushalt ist eines der wichtigsten Planungsinstrumente der Kommunen“. Er hat mehrere Funktionen gleichzeitig : Mit ihm werden Einnahmen, Ausgaben, Schulden, Aufwand und Ertrag detailliert festgelegt. „Mit dem Haushalt wird ein Handlungsrahmen für die Verwaltung der Gemeinde gegeben. Der Haushalt ermächtigt die Verwaltung, Ausgaben im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel zu tätigen, sofern die zur Deckung erforderlichen Einnahmen eingehen.“ Er erfüllt damit eine wichtige Steuerungsfunktion finanzwirtschaftlicher Art. Damit direkt verbunden ist die Kon¬trollfunktion für das Parlament, denn die Verwaltung ist durch Beschluss an den Haushaltsplan und seine Festlegungen gebunden.
Mindestens ebenso wichtig ist die „politische Programmfunktion“ des Haushalts, weil über die Bereitstellung finanzieller Mittel Prioritäten zur Erfüllung kommunaler Aufgaben gesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht spricht davon, dass der Haushaltsplan „ein Regierungsprogramm in Gesetzesform enthält und die Regierungspolitik in Zahlen widerspiegelt“ . Haushaltstitel sind wesentlich für die Ausführung politischer Aufgaben. Ohne Titel keine Mittel, ohne Mittel kein Projekt, das weiß jeder Bürgermeister und jeder Gemeinderat.
Das bedeutet, dass „der moderne Staat seine Macht in erheblichem Maße durch Geld ausübt, sei es dadurch, dass dem Bürger durch Abgaben Geld entzogen wird, sei es, dass dem Bürger insbesondere durch Sozialleistungen und Subventionen Geld zugeteilt wird.“ Hinzu kommt die Finanzierung der Infrastruktur. Das gilt nicht nur für die Bundes- und Landesebene, sondern auch für die lokale Politik-Arena. Und schließlich ist die öffentliche Hand auch als Arbeitgeber, als Auftraggeber und damit als regionaler Wirtschaftsfaktor tätig. Auch dies funktioniert über Geld. Gröpl kommt deshalb zu dem Schluss, dass „der moderne Staat als Finanzstaat qualifiziert werden“ kann, der auf diese Art Herrschaft ausübt.
Herrschaftsausübung aber bedarf der Legitimation.
Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments. „Es gehört unabdingbar zum Wesen einer parlamentarischen Demokratie, dass das Parlament als gewählte Volksvertretung über den zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzbedarf und über dessen Deckung entscheidet. Deshalb hat das Parlament die Etathoheit; es be¬schließt endgültig über den Haushaltsplan in der Form eines Gesetzes.“
Bei der Aufstellung des Haushalts durch die Exekutive sind die Grundsätze der Haushaltswahrheit, der Haushaltsklarheit, der Haushaltsvollständigkeit und der Haushaltseinheit ebenso zu beachten wie die Gebote der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit. Damit werden entscheidende Pflöcke für die Politik eines Gemeinwesens eingeschlagen.
Das Bundesverfassungsgericht stellte dazu fest, dass der „mit der Haushaltsfeststellung verbundenen bindenden Festlegung der Verwendung der öffentlichen, im Wesentlichen durch Leistungen der Staatsbürger aufgebrachten Mittel eine so überragende und die Interessen aller Staatsbürger aufs Stärkste berührende Bedeutung [zukomme], dass sie in einem demokratischen Staat nur in die Hände der Volksvertretung gelegt werden“ könne.
Der Gemeinderat ist zwar kein Parlament, sondern ein Organ der kommunalen Selbstverwaltung , aber auch ihm steht als Volksvertretung das Haushaltsrecht als eines der wichtigsten Einflussmöglichkeiten auf die lokale Politik zu. „Indem die Gemeindevertretung über die Gestaltung der Ausgaben unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Einnahmen befindet, setzt sie politische Prioritäten“. Durch die Haushaltsrechnung und im Rahmen des Haushaltscontrollings kann der Gemeinderat überprüfen, ob die Verwaltung sich im demokratisch beschlossenen Finanzrahmen bewegt hat. Da sowohl die Haushaltsdebatte als auch die Diskussion und der Beschluss über die Haushaltsrechnung und die Entlastung des Bürger¬meisters öffentlich sind, hat auch die Bevölkerung die Chance, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns auf finanzpolitischer Ebene zu überprüfen.

6. Theorie und Praxis der Haushaltstransparenz
Der Gemeindehaushalt ist öffentlich . Jeder Bürger hat das Recht auf Information über die konkreten Inhalte. Er muss sich nicht auf Sekundärinformationen beschrän¬ken , die von Verwaltung, Politik oder den Medien verbreitet werden. Vielmehr kann jeder Einwohner den kommunalen Haushaltsplan während der Zeit der öffentlichen Auslegung einsehen, die in allen Kommunalverfassungen vorgeschrieben ist. Goebel hat aber schon 1990 darauf aufmerksam gemacht, dass davon in der Praxis nur sehr sel¬ten Gebrauch gemacht wird , Schwarting hat dies 2007 erneut bestätigt . Auch die Teilnahme der Einwohner an Haushaltssitzungen der Räte hält sich in Grenzen. In diesen Etat-Sitzungen stellen Mehrheits- und Opposi¬tions¬fraktionen in Haushaltsreden Schwerpunkte der Politik dar. Diese Sitzungen sind nicht zuletzt Stunden der Opposition, die Rechenschaft verlangt. Durch die lokale Presse wird mediale Öffentlichkeit hergestellt, zu der prinzipiell alle Bürger Zugang haben. Auch in öffentlichen Haushaltssitzungen wird damit Budget-Transparenz praktiziert – allerdings oft ohne Publikum. Es liegt also nicht immer an den Gemeindeorganen, wenn die angemahnte Transparenz sich nicht einstellen will, sondern auch an mangelndem Bürgerinteresse.
Trotz dieses mangelnden öffentlichen Interesses sind zahlreiche Kommunen in die Offensive gegangen und versuchen, ihre Haushaltsdaten verständlich darzustellen – sowohl für den Gemeinderat als auch für die Bevölkerung, um zu beweisen, dass der Haushaltsplan kein „Buch mit sieben Siegeln“ ist.
Ein flexibles Instrument ist der Vorbericht , der zwingend zum Haushalt gehört. Er bietet die Chance, Eckdaten, politische Schwerpunkte, Trends der Einnahmen und Ausgaben, Schuldenentwicklung, Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur, Sport, Bibliotheken, aber auch für Investitionen oder Personal anschaulich darzustellen. Prägnante Zusammenfassungen, Tabellen, Grafiken erlauben es, nicht nur die Haushaltswirtschaft, sondern die gesamte lokale Politik transparent zu präsentieren. Darüber hinaus wird seit Jahren versucht, Eckdaten des Haushalts für die Bevölkerung in Broschüren, Beilagen zu kommunalen Nachrichtenblättern oder ähnlichen Publikation aufzubereiten.
Dass damit auch Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung verbunden ist und dass eine Zusammenfassung immer subjektiv bleibt, sei nicht verschwiegen. Habermas hat dies in „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ausführlich problematisiert . Dennoch ist es wichtig und richtig, wenn Verwaltungen versuchen, die Informationen über den Haushalt verständlich und klar zu formulieren und „unters Volk zu bringen“, das letztlich der Souverän ist. Ziel ist es im Idealfall ja gerade, zum öffentlichen Diskurs der Bürger anzuregen und nicht, Akklamationen einzuholen, wie Habermas unterstellt.
Die mögliche Subjektivität von Verwaltungspublikationen zum Haushalt ist ohnehin nicht das entscheidende Problem. Gewichtiger in Bezug auf die Haushaltstransparenz sind andere Defizite.
Seit 1990 sind die Haushalte nicht transparenter, sondern intransparenter geworden, weil vielfach eine Flucht in Nebenhaushalte und Schattenhaushalte eingesetzt hat, weil die Gemeinden Schulden ausgela¬gert und wirtschaftliche Aktivitäten in Eigenbetriebe und Tochtergesellschaften „outgesourct“ haben. Zahlreiche Bürgermeister, Kämmerer und ihre Verwaltungen haben diese Flucht in Nebenhaushalte, die grundsätzlich nicht zulässig ist , mehr der Not gehorchend als freiwillig angetreten, oftmals beraten von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die aus steuerlichen Gründen oder zur Auslagerung von Schulden diesen Weg empfohlen haben. Hier ist eine Gegenentwicklung notwendig: Durch konsoliderte Konzernbilanzen und Beteiligungsberichte, die ebenso offen zu legen sind wie der klassische Haushaltsplan, ist zu gewährleisten, dass der Kämmerer über die tatsächliche Haushalts- Finanz- und Vermögenslage Auskunft gibt.
Gröpl beklagt, dass die Haushaltswahrheit und die Prognosegüte der Haushalte „vor allem durch die Krise des demokratischen Finanz- und Sozialstaates“ gefährdet würden. Demokratisch gewählte Parlamente und Regierungen „gleich welcher Couleur“ seien außerstande, „die an sie herangetragenen Ausgabeforderungen im Zaum zu halten. Wenn es um die Wählergunst, wenn es um das 'politische Überleben' geht, ist man regelmäßig zu Zugeständnissen bereit“ , schreibt Gröpl kritisch. In einem solchen Umfeld sei „die Versuchung groß, den Haushaltsausgleich durch bewusste oder zumindest fahrlässige Fehlprognosen herzustellen und auf diese Weise auch die Neuverschuldungsgrenzen einzuhalten“ . Ein weiteres Problem sei die „Atomisierung“ des Haushaltsplans wegen einer „übertrieben ausgeprägten Einzelveranschlagung“ durch das Spezialisationsprinzip . Dies führe nicht zur Transparenz, sondern „zu einem Detailreichtum, der nicht einmal mehr von Experten zur Gänze überblickt“ werden könne.
Mit der Diskussion über das neue Kommunale Haushalts- und Finanzwesen (NKF) besteht immerhin die Chance nach mehr Budgettransparenz und besse¬rem Controlling .
Die Darstellung der tatsächlichen Vermögenslage einer Kommune, der echte Res¬sourcenverbrauch sowie Zielvorgaben mit Kennzahlenvergleichen sollen für Ver¬waltung, Rat und Bürger eine bessere Informationsbasis liefern, die wirtschaftliche Nachhaltigkeit stärken und die Transparenz erhöhen . Mündet dies in einer übersichtlichen und lesbaren Konzernbilanz der Kommune, er¬leichtert dies dem Rat die Kontrolle und die politischen Leitentscheidungen und den Bürgerinnen und Bürgern die aktive Mitwirkung. Genau dies ist mit dem neuen poli¬tischen Governance-Ansatz auch gewollt: dass die Einwohner im Sinne einer aktiven Bürgergesellschaft Verantwortung für ihre Kommune übernehmen.
Der Haushalt geht nämlich nicht nur einige wenige Eingeweihte in Verwaltung und Politik an, sondern alle Bürger. Die Gemeinde ist deshalb verpflichtet, Transparenz und Öffentlichkeit für die Einwohner zu gewährleisten.
Doppik führt aber nicht zwangsläufig zu mehr Transparenz und zu größerer Partizipation der Bürger, darauf hat Schwarting bereits hingewiesen . Entscheidend ist, wie ernst es einer Verwaltung damit ist, alle Daten und Fakten offen zu legen, sie verständlich darzustellen, Zusammenhänge aufzuzeigen und schließlich offen über die Folgen zu diskutieren. Dazu können auch Einschränkungen des Leistungsangebots gehören, wenn sie richtig kommuniziert werden.

7. Fiskalische Transparenz als Kernelement guter Regierungsführung
„Fiskalische Transparenz ist ein Kernelement für gute Regierungsführung“ , schreibt der Internationale Währungsfonds (IMF 2001). Das gilt nicht nur international, son¬dern auch national, regional und lokal.
Budgettransparenz sorgt idealiter dafür, dass mehr Menschen mehr Informationen über die tatsächliche Haushalts- und Finanzlage ihrer Stadt oder Gemeinde erhalten. Das ist grundsätzlich eine wichtige Voraussetzung, um richtige Entscheidungen zu treffen und um nachhaltig steuern zu können. Es dient im übrigen dem öffentlichen Diskurs, wenn allen alle notwendigen Informationen bei Bedarf zur Verfügung ste¬hen. Dazu gehören der Bürgermeister und der Rat als Organe der Kommune, dazu gehören aber auch die Bürgerinnen und Bürger . Die Fragen, die gestellt werden und beantwortet werden müssen, lauten: „Was können wir uns noch leisten?“ und „Wie müssen wir handeln, um die Selbstverantwortung der Kommune auch in finan¬zieller Hinsicht auf Dauer zu gewährleisten“? Mit Transparenz und den notwendi¬gen Informationen kann „auch ein offener demokratischer Streit über den richtigen Weg geführt werden“ .
Das ist nicht immer bequem und nicht immer angenehm. „Mehr Wissen macht Entscheidungen nicht immer leichter. In der Vergangenheit sind oft Ziele verfolgt und entschieden worden, bei denen die Betrachtung der Folgekosten eine untergeordnete Rolle ge¬spielt hat.“ Werden diese nun transparent dargestellt, verändert dies die Geschäfts¬grundlage für politische Ratsentscheidungen und für das Handeln der Verwaltung.
Budgettransparenz ermöglicht künftig auch den Banken mehr Einblicke als bisher, was für die Kommunen nicht in jedem Fall förderlich sein muss. Trotzdem führt an transparenten Budgets kein Weg vorbei.


8. Transparenz im Budget als Beitrag zur (good) Local Governance – Praxisempfehlungen

Warum sind Budgettransparenz und Good Governance überhaupt notwendig? Warum rücken sie zunehmend in den Blickpunkt?
Die Finanzkrise hat in vielen Kommunen Bremsspuren hinterlassen. Wegen leerer Kassen wurden zahlreiche Städte und Gemeinden zum Rückzug aus sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen, aber auch aus wirtschaftlicher Betätigung gezwungen. Das Neue Steuerungsmodell (NSM) sollte dazu beitragen, mit einem kundenfreundlichen, schlanken Staat die Kernkompetenzen besser erfüllen zu können. Durch Privatisierung und Liberalisierung sollten die Bürger Leistungen schneller und preiswerter erhalten. Nicht selten wurde Angebot aber komplett gestrichen. Das hat zu einer weiteren Entfremdung zwischen Bürgern und Staat, Bürgern und Kommunen geführt. Außerdem ist das NSM viel zu stark verwaltungszentriert. Die Politik wird in ihren Funktionen beschnitten, die Bürger werden in erster Linie als Kunden wahrgenommen.
Das internationale Vorbild für Governanceansätze in der Haushaltspolitik ist das „partizipative Budget“ von Porto Allegre in Brasilien. Dabei wurde die Bevölkerung nicht nur umfassend informiert über „die Umsetzung des letzten Budgets, laufende Investitionsvorhaben und die Höhe derzeit bestehender Mittel“. Die Bürger hatten auch Gelegenheit, Einfluss zu nehmen auf den Budgetentwurf und den Investitionsplan sowie die Verteilung der Mittel auf die entsprechenden Stadtteile. Damit „entstand ein deutlicher materieller Anreiz für die Bevölkerung, sich politisch zu organisieren, um bestimmte Projekte im städtischen Budget zu verankern.“ Die Konsensbildung erfolgt „in einem komplexen Diskussions- und Aushandlungsprozess“.
International gibt es die unterschiedlichsten Modelle, ein partizipatives Budget zu organisieren, von der Übertragung einer bestimmten Finanzquote des Investitionshaushalts an Stadtteile (Issy les Mourlieaux) über strategische Finanzplanung und Prioritätenentwicklung in Kooperation mit den Bürgern (Christchurch, Blarney) bis hin zu einer weitgehenden „Übertragung des Eigentums und der Verantwortlichkeit direkt auf die Stakeholder“ im Sinne eines „Staats auf Gegenseitigkeit“ (Mutual State) sind viele Variationen möglich. Auch die ersten deutschen Bürgerhaushalte zeigen positive Effekte.
Kommunen, die den Weg zum Bürgerhaushalt noch scheuen, können dennoch viel unternehmen, um Transparenz im Budget zu ermöglichen.
Zunächst sind Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit zu gewährleisten, auch durch vollständige Darstellung aller wesentlichen Eckdaten. Dies kann im Vorbericht zum Haushalt geschehen. Er bietet sich an, um alle wesentlichen Daten für die Finanzentwicklung einer Kommune offen darzustellen: Einnahmen, Ausgaben, Schulden, Kassenkredite, Schwerpunkte, Trends der Ausgaben, überproportionale Steigerungen, Energiekosten, Kennzahlen, all dies soll offensiv publiziert werden. In der Doppik gehört dazu wesentlich auch der Ressourcenverbrauch. Adressaten sollten nicht nur die Ratsmitglieder, sondern die gesamte Bevölkerung sein.
Bisher unterentwickelt ist die Kommunikation der Rechnungsprüfung, bei der die Verwaltung Rechenschaft ablegt. Die Rechnungsprüfung spielt bisher eine weit geringere Rolle als der Haushaltsplan. Dabei sollte gerade die Umsetzung des Haushalts für Räte und Bürger von besonderem Interesse sein. Im Interesse einer regelmäßigen Darstellung des Haushaltsvollzugs bieten sich Controllingberichte an den Rat und ggf. die Bevölkerung an. Auch in dieser Frage geht die Doppik über die bisherige kameralistische Praxis hinaus, da künftig vor allem die Ergebnisrechnung von größerer Bedeutung ist.
Bürger handeln in der Regel nicht altruistisch, dies ist inzwischen in mehreren Studien belegt worden. „Warum sollen Bürger uneigennützig denken und handeln, wo es jedem Investor zugestanden wird, seinen individuellen Nutzen zu mehren? Ganz im Gegenteil, das Ansetzen an den Eigeninteressen der Betroffenen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements“. Bogumil schlägt Anreizsysteme vor, um die Bürger zu motivieren, sich für ihren Haushalt zu interessieren und zu engagieren.
Gemeinden, die ihren Vorbericht über kommunale Nachrichtenblätter veröffentlichen und den kompletten Haushalt ins Internet stellen, machen damit deutlich, dass der Haushalt kein Geheimplan ist, der nur einigen Eingeweihten zusteht. Mit seiner medialen Offenlegung wird er zum Allgemeingut. Das „verbreitert die Wissensbasis für die Entscheidungen in den kommunalen Parlamenten durch kreative, teilweise auch sparsamere Lösungen, die aus der Bevölkerung kommen“.
Publizität schafft wie im Wirtschaftsleben Transparenz – für Verwaltung, Politik, lokale Wirtschaft, aber auch für Kommunalaufsicht, Nachbargemeinden, für Vereine, Verbände, Interessengruppen und Medien. Das Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf Sonderabgaben in einem Leitsatz festgestellt, dass „die Information des Parlaments und der Öffentlichkeit durch vollständige Dokumentation der Sonderabgaben … ein Gebot wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle von Planung und Entscheidung über die finanzielle Inanspruchnahme der Bürger für öffentliche Aufgaben“ ist. Das gilt nicht nur für Sonderabgaben, sondern für alle wesentlichen Eckpunkte des Haushalts.
Transparenz macht möglicherweise vielen Kämmerer und Bürgermeistern immer noch Angst, weil sie die Karten aufdecken müssen und dadurch fürchten, weniger Gestaltungsmacht zu haben. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Denn Transparenz kann auch „weniger Rechtfertigungsdruck“ bedeuten und damit Politik und Verwaltung entlasten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Transparenz dazu beiträgt, dass insbesondere Vereine ihre Forderungen auf ein realistisches Maß reduzieren.
Bisher gut versorgte Gruppen (z.B. Feuerwehr) geraten allerdings ihrerseits unter Rechtfertigungsdruck in Fragen der Ausstattung und der Organisation. Damit kommt das Element der Verteilungsgerechtigkeit ins Spiel, die aber ohnehin in einer Demokratie ständig neu zu überprüfen ist.


9. Fazit
Transparenz im Budget trägt in vielfältiger Hinsicht zu einer guten Regierungs- und Verwaltungspraxis bei. Wir empfehlen deshalb:
1. Haushalte müssen übersichtlich sein. Sie müssen die Grundsätze der Haushaltsklarheit, der Haushaltswahrheit und der Vollständigkeit erfüllen.
2. Haushalte sind öffentlich. Die Kommune soll deshalb offensiv die Eckdaten öffentlich machen, ohne dass diese durch Medien bearbeitet werden. Einnahmen, Ausgaben, Schulden, Kassenkredite, Schwerpunkte, Trends der Ausgaben, überproportionale Steigerungen, Energiekosten, Kennzahlen sollen offensiv publiziert werden. In der Doppik gehört dazu wesentlich auch der Ressourcenverbrauch. Adressaten sind nicht nur die Ratsmitglieder, sondern die gesamte Bevölkerung.
3. Eine Veröffentlichung im Internet schafft Transparenz für alle.
4. Die ortsteilbezogene Einberufung von Einwohnerversammlungen kann dazu dienen, Rechenschaft abzulegen über den bisherigen Haushaltsvollzug. Außerdem können Grundlagen und Details des aktuellen Haushalts sowie der Investitionsplanungen erklärt und mit den Bürgern diskutiert werden.
5. Der Vorbericht ist keine Pflichtübung, sondern eine Chance für die Verwaltungsspitze und die Kämmerer, Probleme, Chancen, Perspektiven und komplexe Zusammenhänge verständlich für alle Beschäftigten, Ratsmitglieder und Bürger darzustellen.
6. Kennzahlen, Leistungsvergleiche und Produktinformationen machen Zusammenhänge deutlich und lassen Zahlen und Daten verständlicher werden.
7. Transparente Haushalte zeigen Verantwortlichkeiten auf. Sie fördern einen verantwortungsbewussten Umgang mit menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und eine nachhaltige Politik, weil Transparenz auch den Begründungszwang für Ausgaben erhöht.
8. Anreizsysteme für Bürger, Vereine, Wirtschaft und Organisationen können die Bereitschaft erhöhen, sich an Haushaltsaufstellung und –beratung zu beteiligen.
9. Budgettransparenz ist ein wirksames Rezept gegen Verschwendung und Korruption. Sie ist deshalb auch ethisch sinnvoll und notwendig.


Literatur

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/author: Armin König
/article: Budgettransparenz als Beitrag zur (good) Local Governance
/author (alias): A. König / Armin Koenig / A. Koenig

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