Beitrag für die Demographie-Fachkonferenz 2009 des BBSR und der Deutschen Gesellschaft für Demographie in Berlin (Abstract - Kurzfassung)
von Armin König
Illingen 2030 – keine Angst vor Schrumpfung dank Offenheit, pfiffiger Ideen und Bürger-Partizipation
Armin König
Das Zukunftsprojekt „Illingen 2030“ hat in einem umfassenden, ganzheitlichen Partizipationsprozess Bevölkerung, Politik und Verwaltung der 18.000-Einwohnergemeinde im Saarland mit unangeneh-men Fakten des demographischen Wandels konfrontiert. Wichtige Erkenntnisse nach Demographie-Check, Kick-off und acht partizipativen Zukunftswerkstätten: Schrumpfung ist kein Schicksal, sondern auch eine Chance für Neues. Und wenn Kommunen altern, ist mehr Solidarität nötig. Mehr politische Power für die Einwohner ist gewollt – das zeigt Erfolge. Über 1000 Bürgerinnen und Bürger haben sich bisher beteiligt. Jetzt wird akzeptiert, dass es keine Neubauten im Außenbereich mehr gibt. Der Flächenverbrauch am Rand wird begrenzt, um Infrastrukturkosten im Griff zu behalten. Dagegen wird die City gestärkt, damit auch der Einzelhandel seine Kräfte bündeln kann. Die Ansiedlung von Discountern an Ausfallstraßen ist gestoppt worden. Solche strategischen Entscheidungen erfordern Mut und Leadership auf Chef-Ebene.
Schwerpunktthemen im demographischen Wandel sind Bildung (Ganztagsschule), Familienpolitik (Familienkarte), Wirtschaft (Standortsicherung, Profilierung, Vernetzung; Illtaler als Regionalwährung), soziale Infrastruktur, Leerstands-Management, die Umnutzung kommunaler Gebäude und Barrierefreiheit sowie interkommunale Kooperationen. Die Partizipation ist ausgeweitet worden, Ziel ist die Bürgerkommune. Durch Empowerment der Bürgerschaft wurde soziales Kapital akquiriert. Die Gemeinde realisierte in 24 Monaten zwölf Bürgerprojekte bis hin zum einem neuen kombinierten Kita-/Ganztagsschulprojekt, einem neuen JUZ (im leer stehenden Arbeitsamt) und dem ersten saar-ländischen kommunalen Abrissprogramm „Platz da“. Neue Projekte werden barrierefrei geplant.
Illingen 2030 hat auch Grenzen der Partizipation gezeigt. Unkonventionelle Ideen stoßen in partizipa-tiven Prozessen nicht selten auf Vorbehalte. Unbequeme Anpassungsprozesse (Infrastruktur, kommunale Einrichtungen) wurden vertagt. Auch Verwaltungskooperationen erweisen sich als schwierig. Ein Modellprojekt mit vier Kommunen zeigte viele Vorbehalte insbesondere auf Fachbereichebene auf, wo man ängstlich auf Autonomie bedacht ist. Dagegen war die Entwicklung eines Integrierten ländlichen Entwicklungskonzepts (ILEK) ein Erfolg. 14 kleine und große Projekte werden über ein Regionalmanagement auf ihre Realisierungschance hin getestet. Im Bundeswettbewerb „Idee.Natur“ ist die Gemeinde Illingen im Zweckverband mit fünf weiteren Kommunen Bundessiegerin geworden und wird innovative Ansätze kooperativer Naturschutz-, Landwirtschafts- und Tourismuspolitik in einer urban geprägten Industrielandschaft erproben.
Wichtig ist, dass eine Kommune ihre Einwohner begeistern kann für solche Aktivitäten und dass sie Teil größerer Netzwerke wird. Das funktioniert dann am besten, wenn die Projekte sehr konkret sind, in einen attraktiven Rahmen passen und die Bürgerinnen und Bürger direkt betreffen.
Illingen 2009
Literatur:
Titel Bürger planen Zukunft im demografischen Wandel
Autor Armin König
Ausgabe 2
Verlag Armin König, 2009
ISBN 3837003264, 9783837003260
Länge 192 Seiten
Abstract:
Kommunalpolitik stößt angesichts der Finanzprobleme der Städte und Gemeinden und des demogra-fischen Wandels an ihre Grenzen. Selbst in überschaubaren Kommunen wächst die Komplexität der Probleme wie der Entscheidungen. Bürgerbeteiligung gewinnt wieder an Bedeutung. Armin König stellt ein Modellprojekt zur partizipativen Zukunftsgestaltung vor, das bundesweit beachtet wird.
Titel:
König, Armin (2008): Die Alterung der Gesellschaft und die Folgen für die Kommunen im Bund und im Saarland: eine kaum wahrgenommene demographische Herausforderung mit erhebli-chen Auswirkungen
Autor: König, Armin
Quelle: Saarländische Kommunal-Zeitschrift, 58(10): 243-250, 2008 [Aufsatz]
Abstract:
Nicht die Schrumpfung, sondern die Alterung der Bevölkerung ist die wirkliche demographische Her-ausforderung. Der Beitrag macht deutlich, dass die Herausforderung einer beschleunigten Alterung der Bevölkerung von der Politik bisher kaum wahrgenommen wurde. Anhand von empirischen Befun-den weist Armin König nach, dass das Problem bereits existiert. Sein Fazit: Die Folgen betreffen die gesamte Gesellschaftspolitik, die Sozialpolitik und die Wirtschaftspolitik. "Die Prioritäten der Politik werden sich voraussichtlich verschieben - im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Systeme, auf Accessibility, auf Generationengerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit. Mindestens ebenso wichtig ist die Auseinandersetzung mit Fragen der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit. Das Thema betrifft den gesamten Raum Saar-Lor-Lux, also auch Lothringen und Luxemburg. Damit geraten vor allem die Landkreise und Kommunen unter Handlungsdruck.
Freitag, 27. November 2009
Partizipation praktisch: Illingen 2030 - keine Angst vor Schrumpfung dank Offenheit, pfiffiger Ideen und Bürgerteilhabe
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